“Sehr viel Wollen, Müssen, Zwang, Optimierung; wenig Leben, Lieben, Sein und Fühlen” – als äußerst unfrei hat ein Freund meinen letzten Freiheitsbrief beschrieben.
Dabei entstand der Plan, mit 40 so gesund, vital und lebendig zu sein wie mit 20, aus tiefster Selbstliebe und dem Wunsch, das Leben voll und ganz zu fühlen.
Jeder empfindet und definiert Freiheit anders. Gewohnheiten und Gesundheit sind für mich auch nur eine Facette dieses komplexen Diamanten.
Die Unterhaltung warf allerdings eine interessante Frage auf. Wenn ich heute alles mache, worauf ich Lust habe, und nichts, worauf ich keine Lust habe, und das langfristig zu weniger Freiheit führt, bin ich dann wirklich frei? Oder mache ich mich eher frei wenn ich mich heute vermeintlich einschränke, damit aber langfristig Freiheit erhalte?
Der Philosoph Karl Popper beschrieb 1945 das Toleranz-Paradoxon: “Wenn wir die uneingeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, […] dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen.”
Ich schlage daher das Freiheits-Paradoxon vor: Wenn wir uns uneingeschränkt frei nach unseren Launen verhalten, dann wird die Freiheit langfristig vernichtet werden.
Gewohnheiten sind für mich einer der Schlüssel zu langfristiger Freiheit. Sie sind für uns wie der Autopilot im Flugzeug. Anders als allgemein angenommen fliegt der Autopilot das Flugzeug nicht ohne Zutun des menschlichen Piloten von A nach B. In seiner einfachsten Form entspricht er dem Tempomat im Auto. Du willst, dass eine bestimmte Geschwindigkeit gehalten wird und drückst eine Taste am Lenkrad – der Tempomat übernimmt die Regelung von Gas und ggf. Bremse.
Neben Geschwindigkeit hält der Autopilot im Flugzeug auch Höhe und Richtung. Moderne Verkehrsflugzeuge sind so fortgeschritten, dass vor dem Flug die gesamte Route eingegeben und nach Aktivierung des Autopiloten im Flug abgeflogen werden kann (Höhenänderungen müssen aber immer dann eingeben werden, wenn sie erfolgen sollen). Liegt jedoch ein Hindernis im Weg, weicht der Autopilot nicht aus! Er macht stur, was der Mensch ihm sagt. Der Autopilot unterscheidet nicht zwischen sinnvoll und gefährlich.
Wiederholst du Handlungen oft genug, werden sie zur Gewohnheit. Du programmierst den Autopiloten deines Lebens. Im Flugzeug ist jede Änderung von Geschwindigkeit, Höhe und Kurs ein Schritt näher zum Ziel oder weiter davon weg. Genauso ist es mit deinen Gewohnheiten.
Ernährst du dich gesund, bewegst dich an der frischen Luft und schläfst ausreichend, sind das Schritte in eine gesunde, vitale Zukunft. Trinkst du Cola zum Frühstück, sitzt den ganzen Tag vor dem Fernseher und ernährst dich von Chips und Gummibärchen, geht deine Gesundheit vor die Hunde.
Nicht heute, nicht morgen und vielleicht auch noch nicht nächstes Jahr. Doch eines Tages bist du entweder gesundheitlich frei oder abhängig. Einmal oder zehnmal das richtige zu tun verspricht dir genauso wenig den Erfolg wie einmal oder zehnmal das falsche zu tun die Niederlage. Doch während einmal ein Ausrutscher sein kann, zeigen zehn Wiederholungen schon einen Trend an.
Dir eine neue Gewohnheit anzueignen ist sehr schwer, wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen – wie bei einem Samen, der keimen und zu einer Pflanze heranwachsen soll. Eine alte Gewohnheit loszuwerden ist gleichermaßen schwer, wie eine hundert Jahre alte Eiche aus dem Boden zu reißen.
Du brauchst die richtigen Werkzeuge, um schlechte Gewohnheiten ab- und gute aufzubauen. Du musst wissen, welche Stellschrauben notwendig sind, um in die richtige Richtung und auf der richtigen Höhe zu fliegen. Einmal programmiert, brauchst du dann nur kleine Optimierungen, um auf Kurs zu bleiben.
Mit den richtigen Gewohnheiten ist das Leben leicht und unbeschwert, denn sie laufen beinahe automatisch. Sie lassen dich in der Gegenwart frei sein und dich gleichzeitig für langfristige Freiheit aufstellen.
#machdichfrei
Dein Ulrich
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