Lange hat er auf sich warten lassen, der deutsche Frühling, nun hat er endlich Einzug gehalten. Und mit ihm die Gartenarbeit. Zweimal im Jahr bin ich damit gut eine Woche beschäftigt. Und während ich meditativ im Flow mein Unkraut zupfte dachte ich darüber nach, was Freiheit eigentlich ist. Dass jeder ja eine eigene Definition von Freiheit hat.
Einer, der sich wahrscheinlich viel mehr Gedanken darüber gemacht hat als ich, und der sie in sehr viele Worte gefasst hat, ist der indische Philosoph Osho. Einen Auszug davon teile ich heute mit dir:
“Freiheit hat zwei Seiten, und wenn du nur eine Seite davon besitzt, eine einzelne Seite, dann vermischt sich die Freiheit mit Traurigkeit. Du musst also die ganze Psychologie der Freiheit verstehen.
Die erste Seite ist die Freiheit von: von einer Nationalität, von einer bestimmten Kirche, einer bestimmten Rasse, einer bestimmten politischen Ideologie. Dies ist der erste Teil der Freiheit, ihre Grundlage. Sie ist immer Freiheit von irgendetwas. Wenn du einmal diese Freiheit erlangt hast, dann fühlst du dich sehr leicht, sehr gut und sehr glücklich. Und zum ersten Mal kannst du dich an deiner eigenen Individualität erfreuen, denn deine Individualität war vorher von all diesen Dingen verdeckt, von denen du dich befreit hast.
Doch das ist nur die eine Hälfte, und danach wirst du traurig, denn die andere Hälfte fehlt. Freiheit von etwas ist erfüllt, aber Freiheit wofür? Freiheit selbst hat keine Bedeutung, es sei denn, es ist die Freiheit für etwas, etwas Kreatives – die Freiheit zu bildhauern, die Freiheit zu tanzen, die Freiheit Musik zu machen, zu dichten, zu malen. Wenn deine Freiheit nicht zur gestalterischen Umsetzung gelangt, wirst du traurig. Denn du erkennst, dass du frei bist: deine Ketten sind gesprengt, die Handschellen sind weg, die Ketten sind weg, das Gefängnis ist weg, du stehst in der Sternennacht, völlig frei, aber wo soll es hingehen? Plötzlich bist du traurig. Welchen Weg soll ich wählen?
Bis jetzt stellte sich die Frage nicht, wo es hingehen sollte – du warst eingesperrt. Dein ganzes Bewusstsein konzentrierte sich darauf, dich zu befreien, dein einziges Bestreben drehte sich darum, wie du dich befreien kannst. Jetzt, wo du frei bist, musst du dich mit einem neuen Problem befassen. Was sollst du machen, jetzt, wo du frei bist? Freiheit allein bedeutet nichts, sie bedeutet nur dann etwas, wenn du einen kreativen Weg einschlägst. Du gehst entweder tiefer in Meditation, um dich zu verwirklichen […] oder du hast ein bestimmtes Talent, das sich wegen deiner Fesseln nicht entwickeln durfte – du konntest keine Musik komponieren, weil deine Hände in Ketten lagen, du konntest nicht tanzen, weil deine Füße in Ketten lagen. Wenn du Talent zum Tanzen hast, sei ein Tänzer. Dann ist deine Freiheit vollkommen, dann schließt sich der Kreis.
Freiheit von und Freiheit für – womit du gerade konfrontiert bist, ist nichts Neues. Jeder, der für seine Freiheit kämpft und dann plötzlich merkt: ‘Was mache ich denn jetzt, wo ich frei bin?’, ist damit konfrontiert. Bis jetzt hatte er so viele Verpflichtungen, war so unabkömmlich, so beschäftigt. Selbst in seinen Träumen war Freiheit das einzige, woran er dachte. Und er dachte nie darüber nach, was er tun würde, wenn er diese Freiheit erlangt hat.
Was geschehen ist, ist schön. Doch mehr ist nötig. Du musst zum Schöpfer werden. Du musst die Kreativität finden, die deine Freiheit erfüllt, sonst ist die Freiheit leer. Du musst entweder etwas erschaffen oder etwas entdecken. Verwirkliche entweder dein Potenzial oder gehe nach innen, um dich selbst zu finden, aber mach etwas aus deiner Freiheit.
Freiheit ist nur eine Gelegenheit. Sie selbst ist nicht das Ziel. Sie gibt dir bloß jede Möglichkeit, zu tun, was du immer tun wolltest. Jetzt bist du frei, und du bist traurig, weil du diese Gelegenheit noch nicht ergriffen hast. Es kann Meditation sein, es kann Musik sein, es kann Bildhauerei sein, es kann Tanz sein, es kann Liebe sein. Aber fange etwas mit deiner Freiheit an. Bleibe nicht auf deiner Freiheit sitzen, sonst wirst du traurig.”
Mach etwas aus deiner Freiheit! Sie ist kein Selbstzweck. Mein kreatives Ventil sind die Fotografie, meine Filme, meine Texte. Womit füllst du deine Freiheit?
#machdichfrei
Dein Ulrich
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