Weniger ist mehr. Mit diesen Worten habe ich den letzten Freiheitsbrief geschlossen.
Nicht nur beim Besitz ist das so, auch beim Bestreben möglichst viele Aufgaben möglichst gut zu erledigen.
Das ganze Jahr brodelte es in mir. Ich wollte endlich etwas weitergeben, um anderen auf ihrer Reise in die Freiheit zu helfen. So entstand Das ABC der Freiheit. Aus einer losen Ideensammlung wurde das Buch, das ich allen Lesern des Freiheitsbriefs schenke.
Doch es war ein innerer Kampf, das Buch endlich zu veröffentlichen! Erst sollte es vor meiner Keynote bei LEBE MUTIG so weit sein. Doch die Vorbereitung auf den Bühnenauftritt beanspruchte mich mehr als erwartet. Ich ahnte, dass ich meinen selbst gesetzten Termin nicht einhalten würde. Deshalb kündigte ich das Buch für “wenige Tage” nach dem Vortrag an. Wie viele Tage sind wenige?
Das Problem waren nicht mehr andere Aufgaben, die mich vom Abschluss abhielten. Es war mein eigener Perfektionismus. Das Buch sollte so gut werden, wie nur möglich. Jeder Leser sollte denken “Wow! Das Buch enthält so viel Mehrwert, es hilft mir wirklich in meinem Leben.” Jeden Tag setzte ich mich an den Computer und schrieb, verschob, straffte, verbesserte, schrieb mehr. Ich hätte immer weiter machen können und du hättest das Buch nie zu Gesicht bekommen.
Perfektionismus ist der Feind der Freiheit!
Du wirst nie fertig sein. Du wirst nie alle Informationen haben. Du wirst irgendwann einen vermeintlich besseren Weg finden und am Ende stellt sich vielleicht heraus, dass der erste Weg der beste gewesen wäre.
Bei der Entscheidungsfindung im Cockpit haben die Piloten nicht ewig Zeit, der Treibstoff ist begrenzt. Irgendwann muss eine Entscheidung getroffen werden. Sie kann niemals perfekt sein. Damit die hohe Sicherheit trotzdem aufrechterhalten wird, muss das System Fehler verzeihen. Es erkennt an, dass weder Mensch noch Maschine perfekt sind. Alles ist redundant ausgelegt, fehlertolerant, resilient, antifragil.
Wie ist das in deinem eigenen Leben? Bricht das Kartenhaus zusammen, wenn du nicht alles perfekt machst? Wie kannst du dein Leben so gestalten, dass du imperfekt sein darfst? Stell dich so auf, dass du Fehler machen darfst, ja vielleicht sogar Freude daran findest.
In den letzten Tagen, bevor ich das eBook endlich veröffentlicht habe, dachte ich immer wieder an dieses Zitat von James Clear:
“Geschwindigkeit ist wichtig. Arbeite schnell und iteriere. Menschen erinnern sich selten an den ersten Entwurf, aber jeder erinnert sich an den letzten.
Geschwindigkeit ist unwichtig. Menschen erinnern sich selten daran, wie lange du für die Arbeit gebraucht hast, aber jeder erinnert sich daran, wie gut du sie gemacht hast.”
Mich hat das fast wahnsinnig gemacht. Wie kann man zwei so widersprüchliche Aussagen gegenüber stellen? Welche ist richtig? Auch die Antwort darauf wirst du nie kennen! Als Autor kannst du dein Publikum in zwei Gruppen aufteilen, die eine Gruppe an der Entwicklung deines Werkes teilhaben lassen und der anderen erst den finalen Entwurf zeigen. Trotzdem spielen noch viele andere Faktoren eine Rolle, die du nie alle kennen oder beeinflussen können wirst.
Dieser Newsletter ist auch eine Übung für mich, weniger perfektionistisch zu sein. Das Ziel ist, in etwa einer Stunde 600 Wörter zu schreiben, in eine lesenswerte Form zu bringen und zu veröffentlichen. Die Übersetzung ins Englische dauert weitere 15-20 Minuten. Anders ist der Freiheitsbrief langfristig nicht darstellbar. Ich kann ihn nicht 42x durchlesen, nochmals korrigieren, verbessern, optimieren. Nobody’s perfect! Und dabei lerne ich, perfekt imperfekt zu sein. Denn wenn ich mir selbst die Restriktion auferlege, schnell zu sein, lerne ich nach und nach, in kürzerer Zeit besser meine Gedanken zu formulieren.
Was ist eine Aufgabe, die du ab sofort weniger perfekt machen kannst?
#machdichfrei
Dein Ulrich
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